Alles läuft bislang gut beim FC Barcelona in dieser Saison. Hansi Flick hat sich bereits das Vertrauen der Presse, der Vereinsführung, der Fans und vor allem seiner Spieler erarbeitet, während die individuellen Leistungen der Mannschaft überragend sind. Seine Handhabung der jungen Talente – ein besonders wichtiges Thema in Barcelona – wird von allen Seiten gelobt. Einige umstrittene Entscheidungen des Deutschen, wie die Beförderung von Wojciech Szczęsny zur Nummer 1 anstelle von Iñaki Peña, haben sich letztlich als richtig erwiesen, sodass selbst seine Kritiker verstummen mussten. Ein Wermutstropfen bleibt jedoch: Gavi. Während Pedri, Cubarsi, Lamine Yamal und Marc Casado glänzen und sich rasant weiterentwickeln, sitzt Gavi oft auf der Bank.
Nachdem er am 20. Oktober nach fast einem Jahr und einer Knieverletzung, die ihn ausgebremst hatte, wieder spielen konnte, wurde er in La Liga nur siebenmal in die Startelf berufen, insgesamt kam er auf 15 Einsätze. In der Champions League startete er in zwei der sechs Begegnungen, an denen er teilnahm. Offensichtlich ist er von seinen gewohnten Standards und der großartigen Saison 2022/2023, in der er aus Xavis Mannschaft nicht wegzudenken war, weit entfernt. Nach so langer Abwesenheit brauchte er verständlicherweise einige Wochen, um sich wieder ins Team zu integrieren und den optimalen Rhythmus zu finden. Zudem musste er sich an Flicks neue Arbeitsweise gewöhnen, was ihn etwas hinter seinen Mitspielern zurückwarf. Doch nun, da er vollständig fit ist, bleibt er weiterhin außen vor und kam beispielsweise beim letzten Derby gegen Atlético nur in der Nachspielzeit zu wenigen Minuten.
Es handelt sich eindeutig um eine rein sportliche Ausbootung, ohne dass andere Gründe für seinen geringen Spielanteil verantwortlich sind. Katalanische Medien berichten sogar, dass Gavi ein Liebling des Trainers ist. Flick hat schnell das Verhalten, die Motivation und den Professionalismus des jungen Mittelfeldspielers schätzen gelernt. „Er befindet sich in einer schwierigen Situation, gehört aber zu den Besten und macht vieles richtig. Er wird viele Jahre in diesem Club spielen und eine seiner Stars werden. Seine Entwicklung wird weiter voranschreiten, und seine Einstellung ist perfekt“, erklärte der deutsche Coach kürzlich in einer Pressekonferenz. Zwischen Flick und Gavi besteht eine schöne Verbindung, oft sieht man, wie Flick ihn beim Training oder während der Spiele ermutigt und ihm Zuneigung zeigt. Und es ist gegenseitig. Am Ende des Spiels gegen die Colchoneros sprang Gavi, voller Freude, von der Feier mit seinen Mitspielern in die Arme seines Trainers.
„Wir hoffen, dass Flick noch lange beim Barça bleibt“, bemerkte er kürzlich. Laut der spanischen Presse geht Gavi mental gut mit seiner Situation um. Er zeigt sich beim Training stets gut gelaunt und hat weder öffentlich noch privat Beschwerden geäußert. In dieser Mannschaft herrscht ein harter Konkurrenzkampf, und Gavi könnte möglicherweise unter dem Fehlen einer festen Position leiden. Er kann auf verschiedenen Positionen spielen (6, 8, 10 sowie auf der rechten Seite), sodass es schwierig ist, ihm einen klaren Platz und eine Rolle zuzuweisen. Die beiden Außenpositionen gehören Raphinha und Lamine Yamal, die aus offensichtlichen Gründen gesetzt sind. In der Mittelfeldzentrale ist Pedri ebenfalls unverzichtbar, während De Jong und Casado sich eine defensivere Rolle teilen. Gavi müsste sich folglich eher mit Dani Olmo um die verbleibende Position duellieren. Allerdings befindet sich auch Dani Olmo aktuell in Top-Form und macht seine Sache als zentraler offensiver Mittelfeldspieler besser als Gavi, da er flexibler zwischen den Linien agieren und Gefahr vor dem gegnerischen Tor kreieren kann.
Gavis Vielseitigkeit, die zu Zeiten von Xavi sehr nützlich war, könnte ihm nun zum Nachteil gereichen, da Hansi Flick eher Spezialisten als Allrounder in seinen Reihen sucht. Die Verletzung von Marc Casado, der für den Rest der Saison ausfällt, könnte ihm jedoch neue Möglichkeiten in den kommenden Wochen eröffnen. Flick setzt auf Leistung und hat sogar Frenkie de Jong neu belebt, der anscheinend am Ende war. Dies zeigt, dass Gavi mit interessanten Leistungen definitiv einen Platz in der Startelf finden könnte. Bislang hat er auf dem Feld jedoch selten sein volles Potenzial zeigen können. Zwar ist seine Kampfbereitschaft und Aggressivität in den defensiven Aufgaben geblieben, doch seine Beteiligung am Spiel und sein Einfluss waren manchmal schwach.
Die Situation des Andalusiers wirft bei seinen Mitspielern oder der Vereinsführung keine großen Fragen auf; alle sind überzeugt, dass er irgendwann wieder eine Stammplatz- und Führungsrolle einnehmen wird. Die Gelegenheiten werden bald kommen, denn die Katalanen stehen nach der internationalen Spielpause vor einem knallharten Programm, mit den Halbfinals der Copa del Rey, den Viertelfinals in der Champions League und den anstehenden Ligaspielen. Es liegt nun an Gavi, der mit Sicherheit beweisen möchte, dass er wieder der talentierte und intelligente Spieler mit dem Ball sein kann, der zudem intensiv und aggressiv im Zweikampf agiert. Das wäre eine wunderbare Nachricht für Hansi Flick, der in den entscheidenden Phasen der Saison auf ein gut gefülltes Arsenal angewiesen sein wird.